Verhärteter Muskel statt Bandscheibenvorfall

Etwa jeder Dritte in Deutschland leidet unter Rückenschmerzen. Wenn es von der Hüfte hinunter bis in die Beine zieht, können diese Schmerzen auf einen Bandscheibenvorfall hinweisen. Doch Studien zeigen: Bandscheibenvorfälle sind dann zwar häufig eindeutig auf Röntgen- und MRT-Bildern zu sehen, aber oft nicht die Ursache der Beschwerden.

Oft gehen die Schmerzen vom Ischiasnerv (Nervus ischiadicus) aus. Er ist der längste Nerv im menschlichen Körper. Er wird aus mehreren Wurzeln im untersten Teil der Wirbelsäule gebildet und verläuft durch die Beckenmuskulatur zur Rückseite des Oberschenkels und weiter bis zur Kniekehle. Dort teilt er sich in zwei Äste auf und zieht an der Außen- und Rückseite der Wade bis zum Fuß. Typische Ischiasschmerzen treten plötzlich auf und strahlen über das Gesäß und die Oberschenkelrückseite bis in die Fußsohle aus.

 

 

Spätestens wenn sich die Schmerzen nach einer Bandscheiben-Operation nicht bessern, muss man eine andere Ursache in Erwägung ziehen: Schuld an den ins Bein ausstrahlenden Schmerzen kann der Piriformis-Muskel sein. Er liegt verborgen unter dem großen Gesäßmuskel und verbindet Kreuzbein und Oberschenkel. Normalerweise ist der birnenförmige Muskel weich und dehnbar. Aber durch einen Sturz, Fehlhaltung oder Überbelastung kann er verspannen und sich so verkürzen. Der Muskel wird dick und hart und drückt direkt auf den Ischiasnerv (Piriformis-Syndrom).

Wie entsteht das Piriformis Syndrom?

 
Im Bereich des Muskulus Piriformis wird durch den Hartspann der unter dem Muskel verlaufende Nervus Ischiadicus irritiert.
 
Zu Verspannungen kommt es durch:
  • Fehlbelastung beim Joggen
  • ungewohnte Belastungen wie Schneeschippen, Inlineskaten oder Schlittschuhlaufen
  • ständiges Anspannen bestimmter Muskelketten beispielsweise durch dauerhaftes Gasgeben
  • dauerhaften Druck beispielsweise durch die Geldbörse in der Gesäßtasche
  • langes Stehen auf einer Leiter bei Malerarbeiten
  • langes Sitzen im Auto oder am Computer
 
Durch die ständige Muskelspannung in zum Teil angenäherter Stellung kommt es zu einer Sauerstoffminderversorgung im Muskel. Dadurch kann die Muskelkontraktion, also das Lösen der Myosinköpfchn vom Aktin, nicht mehr stattfinden. Diese Dauerkontraktion führt zu Veränderungen im Muskel selber, so dass es zu reversiblen Muskelverkürzungen kommen kann.
 
Der verspannte und sehr harte Muskel drückt nun auf den Ischiasnerv und verursacht dadurch die typischen Symptome.
 
Zu den Symptomen zählen hauptsächlich:
  • Schmerz im Gesäßbereich, unteren Rücken bis in die Beine rein
  • Missempfindungen in den Beinen
  • Sensibilitätsstörungen in den Beinen
  • gestörter Fersen- und Zehenstand möglich
  • Schmerzverstärkung durch Bücken
  • Schmerzen beim Treppensteigen
  • Schmerzen beim Außenrotieren des Beines

Alle Symptome können auch auf einen Bandscheibenvorfall hindeuten, daher ist eine ausgiebige Befundung und das Ausschließen des Vorfalls durch die Nerventestung nötig.  

Lasègue-Test gibt Aufschluss

Anhand bestimmter Druckpunkte kann der Physiotherapeut feststellen, ob der Piriformis-Muskel die Beschwerden verursacht. Mit Stoßwellen und manueller Therapie lässt sich der oft schon chronisch verspannte Muskel lösen. Experten schätzen, dass viele Bandscheiben-Operationen vermieden werden könnten, wenn das Piriformis-Syndrom richtig diagnostiziert und behandelt würde. Mit dem sogenannten Lasègue-Test lässt sich herausfinden, ob der verhärtete Piriformis-Muskel die Ursache der Rückenschmerzen sein könnte. Dabei wird das im Knie gestreckte Bein beim auf dem Rücken liegenden Patienten langsam in Richtung Zimmerdecke bewegt. Tritt dabei ab einem bestimmten Winkel ein heftiger Dehnungsschmerz auf, könnte ein Piriformis-Syndrom vorliegen.

Wie kann das Syndrom behandelt werden?

Das Hauptziel unserer Behandlung ist das Lösen des verspannten Muskels sowie das Dehnen der verkürzten Strukturen. Neben dem Musculus Piriformis sind der Musculus gluteus medius, Musculus tensor fascie latae und der kontralaterale Musculus quadratus lumborum in 90% der Fällen mit verspannt. Durch leichte Massagen aber auch durch Querfriktionen wird der richtige Tonus der Muskulatur wieder herstellt.

Das Ausheilen des Piriformis-Syndroms kann mehrere Wochen dauern - halten die Schmerzen schon seit drei bis sechs Monaten an, spricht man von einer Chronifizierung. Zusätzlich zu Schmerzmedikamenten werden in der Behandlung Krankengymnastik und manuelle Therapie angewandt.

 

 

Quelle: https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Verhaerteter-Muskel-statt-Bandscheibenvorfall,piriformissyndrom100.html, https://www.physionetz-berlin.de/Piriformis-Syndrom

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